Im Frühjahr 2021 wollte ich bei Renate Düring in Schweiburg eigentlich nur Paprika – und Tomatenpflanzen und ein paar Stangenbohnenkerne kaufen.
Renate ist ehrenamtlich als Ansprechpartnerin des VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.) tätig. (Es gibt bereits einen Artikel von ihr und einen über sie auf diesem Blog. Einen interessanten Artikel über den VEN gibt es beim Deutschlandfunk)
Ich traf sie im Garten und wie immer war ich begeistert von der Artenvielfalt in ihren Gewächshäusern. Bald drehte sich unser Gespräch um seltene Sorten und plötzlich fragte mich Renate: „Willst du nicht Patin für eine Bohnensorte werden?“
Ich zögerte einen Augenblick, weil mir nicht sofort klar war, was ich zu tun haben und wie aufwändig solch ein Projekt sein würde*. (Wie man Bohnenpat*in wird, erkläre ich am Ende dieses Artikels)
Renate beruhigte mich, schilderte kurz den Ablauf und übergab mir schließlich einen Umschlag mit zwölf kleinen braungesprenkelten Bohnenkernen der Sorte „Talismann“. Auf dem Umschlag mit den Kernen stand: „Die Sorte ist im Bohnenatlas noch nicht angelegt. Das Saatgut wurde 2019 gekauft bei Deaflora. Lange grüne Hülse, scheinbar eine feine Brechbohne. Die Körner sind lang und dünn, dunkelbraun mit hellen Sprenkeln.“

Patenschaft angetreten
Das waren jetzt also meine „Patenkinder“. Ganz gespannt auf das, was kommen würde, fuhr ich nach Hause und hätte dort natürlich am liebsten die Kerne sofort in den Boden gebracht.
Wegen des kalten Wetters war daran aber überhaupt nicht zu denken. Ich musste einige Wochen abwarten und wagte es schließlich am 30. Mai 2021, die Bohnen in das vorbereitete Beet zu legen.
Jeweils sechs Körner gruppierte ich um eine Kletterstange, hoffte, dass sie es angenehm hatten und fing an mich in Geduld zu üben.
Hasenohren wachsen aus der Erde
Endlich wurden meine täglichen erwartungsvollen Besuche am Bohnenbeet belohnt: Die ersten Keimblätter durchbrachen wie kleine Hasenohren die Erde und waren dann nicht mehr zu halten.
Sie wuchsen erstaunlich schnell zu grünen Pflanzen heran, die jeweils etwa 50 cm hoch wurden.


Sobald sich die Bohnenpflanzen zeigten, hielt ich Schneckenwache und freute mich darüber, dass es sieben von zwölf ausgelegten Kernen geschafft hatten so groß zu werden, zu blühen und schließlich lange Hülsen auszubilden.


Erntezeit im August

Anfang August konnte ich – wie vereinbart – drei Hülsen ernten, zubereiten und essen. Sie waren erstaunlich lang, zart und schmeckten angenehm mild.
Die restlichen Früchte blieben an den Pflanzen. Ich beobachtete die durchscheinenden Kerne und freute mich auf die Ernte.


Erst Ende September hängte ich die Pflanzen zum Nachtrocknen auf.
Überraschungseffekt garantiert!
Im Oktober war es endlich so weit: Ich pflückte die Hülsen vom getrockneten Bohnenlaub und begann sie zu öffnen.


Nicht alle waren so gut gewachsen und so wunderbar gefüllt wie die erste mit neun Kernen. Ich begann zu rechnen: Aus zwölf Samenkernen waren sieben Pflanzen gewachsen, die wiederum fünfundsechzig Hülsen hervorbrachten – wie viele neue Samenkerne würden das wohl werden?
222 bildhübsche Naturwunder!

Hier ist das Ergebnis!
Ja genau, es sind 222 Bohnenkerne und wenn ich den Inhalt der drei Bohnen, die ich essen durfte, dazu zähle, waren es sogar 250!
Das spornt doch zum Weitermachen an!
Einer der Kerne hatte schon einen winzigen Keim, als ich ihn aus der Hülle nahm. Das verlockte mich zum nächsten Experiment:
Ich legte ihn in einen Blumentopf, den ich ans Fenster stellte, und siehe da: Nach wenigen Tagen entstand eine neue Pflanze, die blühte und tatsächlich Früchte trug.
Einige blieben ganz klein, aber eine wuchs lang und schlank wie ihre Vorgängerinnen im Garten. Und in ihrem Inneren sind ganz genau sieben kleine Kerne zu erkennen.

*Wie wird man Bohnenpate / Bohnenpatin?
Um eine Bohnenpatenschaft für den VEN zu übernehmen, verspricht man, 12 Bohnenkerne im Frühjahr zu pflanzen und darauf zu achten, dass keine anderen Bohnensorten in unmittelbarer Nähe stehen, damit sich die Sorten nicht durchkreuzen. Man kümmert sich um die Pflanzen, dokumentiert das Wachstum, erntet schließlich die Bohnen und gibt sie (bis auf einen kleinen Eigenanteil) wieder an den VEN zurück, damit sie von anderen Pat*innen weiter vermehrt werden können. So gelingt es, alte Bohnensorten zu erhalten und sich von großen Saatgutherstellern unabhängig zu machen.
Die Autorin
Regina Hartmann

Mein Name ist Regina Hartmann. Ich wohne seit vielen Jahren auf dem Land in Esenshammergroden. Ich lege Wert auf die Qualität von Lebensmitteln und habe deshalb einen Gemüsegarten für mich und die Familie. Ich versuche, möglichst plastikfrei zu leben und wann immer es geht, regional einzukaufen.