Stadt – Land – Garten 4 – Das Finale

Das spannende Stadtgarten-Projekt in Freiburg geht weiter und wir bekommen einen Einblick in die herbstliche Erntephase. Was auf 30 m2 Fläche so alles wächst und gedeiht, erfahrt ihr hier.

Der Freiburger Herbst hat zwar nicht viel gemein mit echtem norddeutschem Schietwedder, doch auch hier wird es langsam frisch. Gelbe Bäume säumen die Straßen und vor ein paar Tagen legte sich so dicker Nebel über die Stadt, dass man selbst dort, wo viel Bewegung war, Lichttrichter um Lampen und Laternen sehen konnte. Perfektes Wetter für Luminogramme, aber das nur am Rande. In der Ferne kann man schon den ersten Schnee in den Baumwipfeln auf den Bergen sehen, und die Temperaturen fallen nachts auch nun immer unter null Grad.

Doch wie üblich beginnen wir mit einem kleinen Zeitsprung…

Hinaus aus dem Hochofen, hinein in den Herbst

August. Nachdem Freiburg wochenlang geröstet wurde, sind wir nun „gut durch“. Die Pflanzen im Garten machen in der darauffolgenden Abkühlphase unterschiedliche Eindrücke. Manche haben die Hitze nicht nur genossen, sondern scheinen sie wirklich benötigt zu haben, um in Gang zu kommen. Zum Beispiel die Chilis und die Paprika. Lange passierte nichts, doch so rasant wie das Thermometer stieg, so schnell erschienen auch Fruchtansätze, und kurz darauf fanden sich die ersten Früchte an den Pflanzen. Die Paprikas sind zwar nicht mehr abgereift, dafür umso mehr Chilis. Getrocknet und aufgezogen schmücken sie jetzt die Küche und verfeinern bei Bedarf Chili con Carne oder Curry. Andere Pflanzen haben es trotz des vielen Gießens nicht geschafft. Meine Gurkenpflanze hat der Mehltau dahingerafft, obwohl ich frühzeitig gegengearbeitet habe. Aber der Wechsel zwischen warm und nass ist natürlich ideal für Pilze. Nach zwei Exemplaren war Schluss und diese waren leider nicht genießbar. Ebenso erging es den Kürbissen.

Blühende Botschafter

Für eine echte Überraschung sorgte dagegen der „Blühende Zaun“, eine Blumenmischung aus der Rabattkiste. Die Mischung sollte einige rankende Sorten bis 1,40m enthalten, und so säte ich sie gutgläubig entlang des Zauns aus. Ein bisschen für die Bienen und ein bisschen was fürs Auge. Nach den ersten Regengüssen schossen dann allerdings interessanterweise auch ca. 2m hohe Sonnenblumen aus der Erde, die sodann wie Zaunwächter vorbeikommende Autos, Fußgänger und Fahrradfahrer anstrahlten. Nicht wie geplant, aber definitiv ein Hingucker.

Zeitgleich wurde es ruhiger im Garten, zumindest nachmittags. Auf der sonst so geschäftigen Straße wurden nacheinander beidseitig Fahrbahn und Fußweg erneuert, sodass man, sobald der Baulärm um 16 Uhr verklungen war, die Vorzüge einer verkehrsberuhigten Zone genießen konnte. Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Zaungäste in dieser Zeit etwas fehlten, die zuvor immer mal wieder für einen Gartenschnack angehalten hatten.

Reiche Ernte

Gegen Ende des Sommers glich der Urban Garden eher einem Urban Jungle. Wer sich jedoch durchs Dickicht kämpfte, fand allerlei Leckereien, von denen es einige gar nicht erst bis in die Küche geschafft  haben.

Meine Möhren aus dem Hochbeet haben bis in den September gereicht. Eigentlich wollte ich die letzten in einer Sandbox für den Herbst und Winter einlagern, aber letzlich waren sie dann doch schneller aufgegessen. Könnte daran liegen, dass sie frisch aus der Erde einfach verlockend gut schmecken…

Dazu konnte ich ein paar kleine Zwiebeln, Bohnen, jede Menge Tomaten (ca. 3kg von zwei Pflanzen), ein paar Minigurken, Chilis, Rote Beete, zwei Kolben Mais und jede Menge frische Kräuter ernten. Doch das Beste kommt jetzt!

Ein Hauch von Sommerurlaub

September. Was war das Highlight des Septembers? Ganz klar, die Wassermelonen! Die zahlreichen gut gemeinten Tipps und Vorschläge wie man eine reife Wassermelone erkennt konnten mir allerdings leider keine Erkenntnis bringen. Klingt Sie hohl? Dumpf oder hell? Ist sie noch blass oder schon abgedunkelt? Ohne Auflagefläche an der man die Reife hätte erkennen können war es wirklich knifflig eine Entscheidung zu fällen. Nach langem „Vielleicht noch eine Woche“ und „Lieber noch etwas warten“ habe ich mich Mitte September endlich getraut, sie zu ernten.

Nr. 1, die größte und schwerste, war zuerst dran, und wurde in kleinem Kreis probiert. Mit angehaltenem Atem wurde sie durchtrennt, begutachtet, berochen und…

… war eindeutig reif! Die Waage zeigte das Resultat von über vier Monaten wässern, düngen und gut zureden: 1.2kg! Die zweite Melone konnte sich mit immernoch 824 g auch sehen lassen. Nicht schlecht für den ersten Versuch will ich meinen.  Und an dieser Stelle kann ich es ja auch verraten: Das war mein erstes Jahr als Gemüsegärtnerin im Garten überhaupt.

Nach dem Gärtnern ist vor dem Gärtnern

Damit ist die Messlatte für nächstes Jahr hoch gelegt; ich plane schon fleißig, wie man die ca. 30 qm noch effektiver nutzen kann.

Auf jeden Fall werde ich die Kräuter neu zusammenfassen und das Brokkolibeet etwas vergrößern. Dieses Jahr konnte ich 43 verschiedene Gemüse-, Obst- und Kräuterarten erfolgreich anbauen, was ca. 1,43 Sorten pro Quadratmeter entspricht, Wege und Grünfläche nicht abgezogen. Ich bin zuversichtlich, dass ich das nächstes Jahr noch übertreffen kann.

Oktober. Nachdem nun die Wassermelonen gegessen, die Möhren aufgebraucht und die Zwiebeln eingelagert waren, war es Zeit das Hochbeet aufzuräumen und für den Winter vorzubereiten. Das heißt, hacken, düngen und aussäen!

Für den Herbst und Winter hatte ich mir, etwas spät zwar, aber immerhin, noch ein paar Weißkohl-Pflanzen, Porree und Pak Choi vorgezogen, sowie ein paar Wintersalate und Schnittkohlsaatgut besorgt. Der Pak Choi brauchte nur wenige Wochen, dann durfte er schon mit eigenem Zitronengras, Hähnchen und Reisbeilage auf den Teller.

Knusprig – knackig kalt

November. Wie am Anfang erwähnt ist es nun zwar nicht frostig, aber dennoch dachte ich, dass Anfang November ja eigentlich alle Sommerpflanzen hinüber sein müssten. Eigentlich. Doch davon lassen sich Malven, Lavendel und Chilis so gar nicht beeindrucken. Allerdings gibt es eine Pflanze, die sich wirklich zum heimlichen Star gemausert hat: die rote Zora (hier geht es zu Beatrix Beitrag „Die rote Zora gewinnt“). Unerschütterlich trotzt sie nach der langen Hitze nun Regen und abnehmender Sonne, und auch wenn manche Früchte nun leider faulen, finden sich nach wie vor ein paar schöne Exemplare. Mitte November noch Freilandtomaten essen? Kein Problem mit dieser robusten Dame! Bei mir ist die Begeisterung von Beatrix mittlerweile absolut übergesprungen und die Zora wird nächste Saison definitiv wieder einen Platz in meinem Garten bekommen. Vielleicht dann sogar im Doppelpack?

Dezember. Anfang Dezember ist der Spaß dann zuende, bis auf Spinat, Rucola, Kohl und Co., denen die Kälte wenig anhat. Tapfer trotzen auch noch einige Kräuter dem Wetter,  ich bin gespannt welche ich davon im nächsten Jahr wiedersehe.

Aprospros. Mit dem Jahr und diesem Teil geht auch meine Blogreihe um meinen kleinen Garten zuende. Es ist nicht auszuschließen, dass es nochmal ein Update geben wird, aber fürs Erste ist hier Schluss. Der Plan war von Anfang an, das Projekt über einen begrenzten Zeitraum vorzustellen und zu zeigen, was gärtnerisch auch auf kleinstem Raum möglich ist. Ich denke, das ist mir hiermit gut gelungen und ich hoffe, dass ich den einen oder die andere inspirieren konnte etwas Neues auszuprobieren und mal etwas zu wagen. Wer nicht (mehr) weiß wie das Ganze anfing, kann die komplette Geschichte hier nocheinmal nachlesen:

Teil 1, Teil 2 & Teil 3

Es ist so viel mehr passiert als ich hier hätte berichten können. Wenn ich durch meine Handygalerie schaue enthält der Ordner „Garten“ mittlerweile über 1000 Fotos. Deshalb habe ich zum Abschluss hier ein paar ausgewählt, die ich noch nicht geteilt habe und die die Entwicklung des Gartens beginnend im Herbst 2019 zusammenfassen:

Danke fürs Mitlesen und dranbleiben. Ich freue mich sehr, wenn ihr einen Kommentar hinterlasst. Welche Erfahrungen habt ihr mit kleinen Gartenflächen gemacht? Hat euch mein Projektbericht gefallen? Konntet ihr etwas daraus für euch mitnehmen?

Die Autorin:

Bis zum nächsten Artikel!

Hi, ich bin Adriana und ich studiere Liberal Arts and Sciences in Freiburg im Breisgau. 2017/18 hatte ich die Gelegenheit im Rahmen des FSJ Kultur ein Jahr in der Seefelder Mühle zu arbeiten, wo die Idee für diesen Blog aufkam. Umweltschutz und nachhaltiges Leben haben mich schon immer begleitet, und so dachte ich mir, ich steuere ein paar meiner Erfahrungen und Entdeckungen

Ein Gedanke zu „Stadt – Land – Garten 4 – Das Finale“

  1. Hallo Adriana, ich bin schwer beeindruckt und sehr begeistert von Deinem Stadtgartenexperiment. Schade, dass Du nicht mehr in Seefeld bist, sonst hätte ich Dir ohne Zögern die Hochbeete im Müllerhausgarten anvertraut. Ich hoffe mit Dir, dass noch mehr Stadtbewohner*innen Deinem Vorbild folgen und wünsche mir gleichzeitig, dass die Landbevölkerung wieder vermehrt erkennt, was für ein Schatz ein eigener Garten sein kann.

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