– Unter diesem Titel waren vor einigen Wochen die Arbeitsergebnisse eines Workshops in den Räumen des Kulturzentrums Seefelder Mühle zu bestaunen. Diese Ergebnisse waren durchaus bestaunenswert, haben doch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Abfall und Müll nach der Methode des Upcyclings völlig neue Werke geschaffen.
Soweit so gut. Trotzdem stelle ich unter dem Aspekt des Themas „Nachhaltigkeit“ noch einmal und mit einer etwas anderen Sichtweise die Frage: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ – „Ja, es ist Kunst, aber trotzdem muss es weg!“

Als Lehrer in der Grundschule durfte ich im Rahmen des Sachkundeunterrichts im 4. Schuljahr immer wieder das Thema „Wie und womit haben eigentlich Kinder in der Vergangenheit gespielt?“ behandeln. Interessante Ergebnisse sind dabei zu Tage gefördert worden, u.a. auch deswegen, weil die Kinder aus dem großen Fundus an Erinnerungen der Eltern und Großeltern schöpfen und ihre Rechercheergebnisse in den Unterricht einbringen konnten.
Nun, wie so häufig, spielte der Zufall eines Tages eine völlig neue Unterrichtsidee in die Vorbereitungen: Wie spielen heute eigentlich Kinder in Ländern in Afrika und womit? Dabei stieß ich auf einen Bericht, der zeigte, wie Kinder aus leeren Getränkedosen von allen bekannten und unbekannten Herstellern dieser Welt Spielzeuge basteln. Ein tolle Idee! – Das war mein erster Gedanke, ohne über Konsequenzen und Folgen nachzudenken.
Also bekamen die Kinder die Hausaufgabe, Getränkedosen zu sammeln, damit sie an diesem Unterricht teilnehmen und die Idee aus Afrika nachbauen konnten.
Nur, was hatte ich damit ausgelöst? – Zumindest einige Eltern müssen ungläubig geguckt haben. Sicher haben sie auch häufig gesagt: „Nun, wenn der Lehrer das so will, dann machen wir das!“ Und kauften extra für diesen Unterricht in der Regel nicht gerade gesundheitsfördernde Getränke in Dosen, behandelten die Dosen sehr schonend, damit auch ja keine Beulen entstehen, und alle wurden sie fein säuberlich gereinigt.
Die aus den Dosen entstandenen Arbeitsergebnisse konnten sich sehen lassen. Viele Kinder haben Doppeldeckerflugzeuge und Automodelle gebaut, u.a. auch wohl deswegen, weil auch ihre afrikanischen Alterskameradinnen und -kameraden daran offensichtlich besonders viel Freude gefunden hatten.

Aber was hat dieses Beispiel mit dem Workshop und der Ausstellung in der Seefelder Mühle zu tun? – Eine ganze Menge! Die Idee des Upcycling mag noch so gut und charmant sein. Sie ist aber immer damit verbunden, dass zunächst Abfall und Müll produziert wird, um dann anschließend daraus etwas Neues zu schaffen und zu gestalten. Ein Joghurtbecher ist und bleibt ein Joghurtbecher, der nicht hätte gefüllt werden dürfen. Er ist in der Welt und wird auch als Kunstwerk irgendwann im Abfallkreislauf landen und dann womöglich auch noch die Weltmeere verschmutzen. Eine Aluminiumverpackung ist und bleibt eine unter hohem Energieaufwand produzierte Einmalverpackung und gehört auf jeden Fall vermieden. Eine Milchtüte ist und bleibt eine Einwegverpackung und kann durch ein funktionierendes Mehrwegsystem ersetzt werden.
Wer es mit der Nachhaltigkeit ernst nimmt, der muss auch bei der Umsetzung von UPCYCLING-Ideen das Prinzip der Vermeidung von Abfall als oberstes Primat ernst nehmen und die Finger davon lassen, wenn er ein derartiges Projekt plant. Es kann nicht sein, dass die Antwort lautet: „Wir haben ohnehin nur das verarbeitet, was vorher zwangsläufig z.B. im Betrieb des Kulturzentrums angefallen ist!“
Die Frage muss lauten: „Was muss ich tun, was muss ich ändern, damit alle diese Gegenstände und Materialien möglichst nicht mehr anfallen?“ Und Kunstprojekte unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu planen und durchzuführen, ist dann auch noch einmal eine andere, besondere Herausforderung.
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Fotos: Kulturverein Seefelder Mühle
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Beim Lesen musste ich schmunzeln, denn ich hatte als Mutter! eines Viertklässers ein ähnliches Erlebnis: Gefordert war, dass mein Kind 4 Papprollen von Küchenpapier, etliche Papprollen vom Toilettenpapier und 4 Eierkartons innerhalb einer Woche zur Schule mitbringt. Kind klapperte die Nachbarschaft ab, um das Material zusammen zu bekommen. Küchenpapier verwenden wir nicht, so viele Eier braucht unsere Familie nicht und die gewünschte Menge Toilettenpapier verbrauchten wir auch nicht. Auch in der die Nachbarschaft kam nicht die erforderliche Menge zusammen. Ergebnis: Ich schrieb dem Kind einen Zettel für die Lehrerin, weswegen Kind das Material nich in ausreichender Menge mitbringen konnte, damit es vor Sanktionen bewahrt werden würde.
Kind erntete einen verständnislosen Kommentar von der Lehrerin.
Ist Nichtverbrauchen nicht besser als Upcycling habe ich mich da gefragt??
Schön, dass deine Kinder sich Gedanken machen durften, womit Kinder früher oder heute in ärmeren Ländern gespielt haben, bzw. spielen! So etwas erweitert den Horizont.
Liebe Grüße, Sibylle von miteigenenhaenden.wordpress.com
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