Woher kommt eigentlich unsere zweite Haut? Und wie viel davon braucht man eigentlich? In diesem Jahr habe ich mich mit dem Thema Kleidung und ihren Herstellungsbedingungen beschäftigt.
Wie so oft: man steht vor dem Schrank und weiß nicht was man anziehen soll. Dabei blickt man auf die ganze Welt: Taiwan, Indien, Türkei, Kambodscha, China, Portugal, Bangladesch…nur eine Auswahl der vielen Produktionsländer meiner Kleidung. Ich gebe zu: ich habe mir bis zu diesem Projekt nicht so viel Gedanken darum gemacht, wo und wie meine Kleidung hergestellt wird. Ich wollte vernünftige Qualität zu vertretbaren Preisen, wenn ich neue Kleidungsstücke ausgewählt habe. Dass das in den geläufigen Discountern eher nicht gewährleistet ist war mir schon klar, aber wenn man etwas recherchiert muss man leider feststellen: In Sachen Produktionsbedingungen steht auch hochpreisigere Ware den Schnäppchen oft in nichts nach.
Wer verdient an der Mode?
Die Fair Wear Foundation hat es sich zum Ziel gemacht für gerechtere Löhne in der Bekleidungsindustrie einzutreten. In einer Infografik wird beispielhaft erläutert, dass an einem normalen T-Shirt mit einem Verkaufspreis von 29€ die Person, die es genäht hat nur ungefähr 0,18€ verdient. Das sind 0,6% des Verkaufspreises. Zum Vergleich: Schon die Zwischenhändler auf dem Weg nach Europa verdienen an dem Shirt etwa 4%, die Materialkosten machen mit 2,19€ 8% des Betrags aus. Die Produktionsmarke erhält 12% des Preises und der letztendliche Händler hat eine Handelsspanne von 59%, was in diesem Beispiel 17€ entspricht. (Man muss natürlich auch bedenken, dass davon die jeweiligen laufenden Kosten der Händler getragen werden müssen.) Aber was man klar sehen kann: Hier herrscht ein gewaltiges Ungleichgewicht zu Ungunsten der Menschen, die letztendlich unsere Kleidung herstellen. Handarbeit, die inzwischen zur Wegwerfware verkommen ist. Hinzu kommt, dass die Produzenten nicht mehr in Saisonwaren denken, sondern fast wöchentlich neue Kollektionen die Läden fluten, Kleidung hat eine sehr viel kürzere Halbwertszeit bekommen – „Fast Fashion“. Ich habe beschlossen da nicht mehr mitzumachen. In diesem Jahr soll keine nicht fair produzierte und gehandelte Ware mehr von mir gekauft werden.
Alternativen zur „Fast Fashion“
So weit so gut, aber was dann? Ich habe erstmal gar nichts gekauft. Seit dem 1. Januar 2018 trage ich meine Sachen einfach weiter, ohne neue hinzuzukaufen. Das ist Strategie 1: weniger kaufen, mehr auftragen oder am besten reparieren. Ein kleines Loch ist schnell gestopft, ein Knopf flink wieder angenäht. Wenn dann doch ein weiteres Kleidungsstück benötigt wird weil zum Beispiel die alte Jeans nicht mehr zu retten ist gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Strategie 2: Tauschen. Wir haben in diesem Jahr zweimal eine Kleidertauschbörse in der Mühle ausgerufen, jedes Mal habe ich ein noch gut erhaltenes Kleidungsstück, das mir auch passte, gefunden. Das geht natürlich auch mit Freunden und Familie oder über das Internet.
Strategie 3: Selber machen. Zugegeben, das erfordert ein wenig Geschick und Erfahrung. Meine eigenen Nähkenntnisse beschränken sich auf Röcke und Mützen. Aber es ist durchaus auch eine gute Möglichkeit Kleidungsstücke im Sinne des Upcyclings umzuschneidern oder neu zu kombinieren.
Strategie 4: Neu kaufen, aber fair. Das erfordert einige Recherche, wenn man es ernst nimmt. Aber es gibt durchaus Hersteller, die Wert auf faire Betriebsbedingungen legen, oder auch noch in Deutschland produzieren, wo ja wenigstens ein Mindestlohn gezahlt werden muss und die Transportwege kurz sind.
Ich habe in diesem Jahr zum Beispiel einen Badeanzug gesucht. Es gibt tolle nachhaltige Modelle aus alten Fischernetzen aus dem Mittelmeer! Die allerdings alle einen dreistelligen Kaufpreis haben. Ich habe mich dann für ein Secondhand-Modell entschieden. Ansonsten habe ich es bisher geschafft tatsächlich nichts neu zu kaufen. Gar nichts? Na gut, ein Kleidungsstück habe ich in den letzten Monaten dann doch gekauft: eine konventionell hergestellte Reithose. Meine Alte war nicht mehr zu retten, und es war leider ziemlich schwierig eine fair produzierte zu finden.
Ein Gedanke zu „Alle meine Kleider – Nachhaltigkeit im Kleiderschrank | selbst versucht“